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Michael Schmidt

Michael Schmidt, © Auswärtiges Amt
1990 – 1994
[...] Es traf sich günstig, dass wir auf die Bitte des Bürgermeisters von Montreal um ein symbolisches Geschenk zur Stadtgründung vor 350 Jahren mit einem Stück der Berliner Mauer ( samt Spray-Bemalung ) dienen konnten [...]
Eine Versetzung nach Montreal als eine der führenden kosmopolitischen, kulturell lebhaften mondänen Weltmetropolen war im Kollegenkreis immer sehr geschätzt, im Gegensatz zu „Beamten-Hauptstädten wie Canberra oder Ottawa. Auf fünf Jahre Abidjan folgten bei mir zu unserer Freude vier Jahre Montreal als vorletzter Posten.
In meine Dienstzeit (1990 - 94) fiel die rechtliche Wiedervereinigung Deutschlands. Am 3.10.1990 absolvierte ich aus diesem einmaligen Anlass folgendes Programm: Bei der Welt-Luftfahrtorganisation ICAO Übergabe einer völkerrechtlichen Urkunde über unsere Rechtsnachfolgerschaft für die DDR nach deren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland. Feierstunde in der Deutschen Schule mit Pflanzen eines Eichenbaums, der nach jetzt 26 Jahren hoffentlich noch gedeiht. Empfang für Regierung, Konsularcorps und deutsche Kolonie zu unserem ersten neuen Nationalfeiertag im Mount Stephen Club, zu dem als Überraschung ICAO-Präsident Assad Kotaite als Geste der Sympathie alle Ländervertreter bei der ICAO “mitbrachte„. Die Stimmung war freudig erregt, ein Ende des Kalten Kriegs schien eingeleitet.
Es traf sich günstig, dass wir auf die Bitte des Bürgermeisters von Montreal um ein symbolisches Geschenk zur Stadtgründung vor 350 Jahren mit einem Stück der Berliner Mauer (samt Spray-Bemalung) dienen konnten. Die Überführungskosten cif übernahm der Berliner Senat. Die Stadt Montreal beschaffte die Namen aller bei der Flucht umgekommenen Opfer, konservierte das Mauerstück professionell und bestimmte seine Aufstellung vor dem Haupteingang des World Trade Center. Schließlich steuerte der bei Montreal wohnhafte deutsche Autor Fritz Grasshoff eine Inschrift bei, welche die Bedeutung des Falls der Mauer als Bindeglied zwischen Menschen, die sich der Freiheit verpflichtet fühlen, dichterisch erläuterte. Nach langer Dauer der Behördenverfahren wurde die Mauer erst lange nach meiner Abreise aufgestellt.
Im Gebäude der Kanzlei hatte auch die Anwaltskanzlei ihren Sitz, in welcher der ehemalige Premierminister Kanadas Pierre Trudeau Partner war. Als Dank für ein Briefing über die politische Lage in Deutschland kurz vor einer Berlin-Reise gab er uns die Ehre zu einem größeren Abendessen in der Residenz in der Avenue de Ramezey (zu dem er zu Fuß über Eis und Schnee kam!) und zu unserem Abschiedsempfang im Mount Stephen Club. Seine Biografie liest sich wie ein Thriller; bei seinem Sohn vererbte sich anscheinend sein politisches Talent.
Von unseren 30 Dienstjahren im Ausland verbrachten wir 20 Jahre an 5 Posten in Afrika und insgesamt 10 Jahre in Beirut, Colombo und Montreal. Wie aus obiger Schilderung immer wieder erkennbar, waren wir gerne in Montreal, das sich als funkelndes Kleinod und dankbar in die Erinnerungen der aktiven Dienstzeit eingegraben hat.