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Fritz von Rottenburg

Fritz von Rottenburg, © Auswärtiges Amt
1994 – 1998
[...] Bald nach meiner Ankunft in Montreal erlebte, ich wie die Bestrebungen nach einem unabhängigen Quebec immer mehr zunahmen. So kam es am 30. Oktober 1995 nach einem heftigen Wahlkampf zu dem 2. Referendum über die Unabhängigkeit Quebecs [...]
Ich erinnere mich an viele schöne, spannende und erfreuliche und zwei ganz besondere Ereignisse:
1. Das Erste war ein Wetterereignis:
1996 oder 1997 hatten wir einen nahezu 8-stündigen Eisregen, der für Montreal und weite Teile von Südquebec eine echte Katastrophe war und für viele sogar lebensbedrohend sein konnte. Nicht nur, dass die vereisten Straßen und die umgebrochenen Bäume und abgebrochenen Äste jeglichen Straßenverkehr für mehrere Tage zum den Straßenverkehr zum Erliegen brachte. Auch drei der vier Stromleitungen, die die 4-Millionenstadt Montreal mit Strom versorgen, brachen unter einer Eismasse zusammen. Sehr viele Gebäude, darunter auch unsere damalige Residenz, wurden mit Strom beheizt. Wir hatten, wie ein großer Teil aller Montrealer nicht nur kein Licht mehr, wir konnten nicht mehr kochen, alle elektrischen Geräte fielen aus und auch die elektrisch betriebene Heizung, sodass es relativ schnell kälter in unserer Residenz und in sehr viele anderen Haushalten wurde, zumal wir inmitten eines kanadischen Winters waren. Glücklicherweise hatten wir einen Kamin und sogar auch Holz und Kerzen, sodass wir wie vor 150 Jahren, vor der Erfindung der Elektrizität, ohne Strom lebten. Es dauerte etwa vierTage, bis die Straßen von dem Eis und den vielen umgefallenen, abgebrochenen Äste der Bäume freigeräumt waren und es wieder erlaubt war, mit PKWs zu fahren. Manche Stadtteile und Nachbargemeinden hatten wochenlang keinen Strom. Die Wälder im Südquebec waren in einem verheerenden Zustand. Ich glaube, dieser Eisregen war für alle, die ihn erlebt haben, ein einmaliges und erschreckendes Erlebnis.
2. Das zweite war ein politisches Ereignis:
Bald nach meiner Ankunft in Montreal erlebte ich, wie die Bestrebungen nach einem unabhängigen Quebec immer mehr zunahmen. Der Verlust des ersten Referendums 1980 wurde nicht als endgültig angesehen. So kam es am 30. Oktober 1995 nach einem heftigen Wahlkampf zu dem 2. Referendum über die Unabhängigkeit Quebecs. Ich hatte mir vorgenommen, die Wahlabendveranstaltungen beider Lager zu besuchen. Als ich anfänglich zu den Befürwortern der Unabhängigkeit, dem Oui-Lager kam, liefen gerade die ersten Teilergebnisse ein, die dem Oui-Lager eine eindeutige Mehrheit erbrachten. Großer Jubel. Als ich dann zu dem Non-Lager kam, herrschte dort eine zwar nervöse Spannung, aber noch keine Hoffnungslosigkeit, zumal der Vorsprung der Oui-Stimmen bald abnahm. Nach einiger Zeit überwogen dann auf einmal die Non-Stimmen. Die Freude im Non-Lager war natürlich groß. Als ich daraufhin nochmals zum Oui-Lager kam, traf ich dort eine völlige Niedergeschlagenheit an. Man war so nah an einem Sieg, aber dann ging die „Schlacht“ ein zweites Mal verloren - zwar nur sehr knapp, aber doch eindeutig. Am nächsten Tag beschuldigte Ministerpräsident Parizeau die Nicht-Frankophonen, die Schuld an der Niederlage gehabt zu haben. Aber wenn alle Frankophonen für die Unabhängigkeit gestimmt hätten, hätte das Oui-Lager gewonnen. Diese als rassistisch empfundene Bemerkung Parizeaus stieß auf eine so herbe Kritik, dass er abtreten musste. Sein Nachfolger Bouchard wollte zwar die Unabhängigkeitsbestrebungen fortsetzen, hat sie aber auch nicht erreicht.
3. Weitere eher aufregende bzw. spannende Ereignisse waren die Beendigung einer Meuterei einer burmesischen Mannschaft auf einem deutschen Schiff, Verhandlungen mit einem japanischen Mafiosi über die Bezahlung einer sehr hohen Krankenhausrechnung seiner deutschen Freundin und die Rücksendung einer Deutschen nach Deutschland, die ihren verheirateten japanischen Freund erpresste und seiner anschließenden Einladung zu einem Abend in einem kleinen Ginza-Lokel, bei dem ich auf Wunsch anderer Gäste in dem Lokal ein deutsches Lied singen musste.