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Landesspezifische Besonderheiten bei der Rechtsverfolgung bzw. -wahrung in den Provinzen Ontario und Manitoba

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Bitte beachten Sie:

Diese Angaben erfolgen aufgrund von Informationen, die den deutschen Auslandsvertretungen in Kanada zum Zeitpunkt der Abfassung vorlagen. Die Angaben erfolgen unverbindlich und ohne Gewähr. Der Mandant hat für alle Kosten und Gebühren im Zusammenhang mit dem erteilten Mandat selbst aufzukommen.

1. Anwaltszwang und Zuständigkeit der Anwälte

In der Provinz Ontario besteht für natürliche Personen kein Anwaltszwang, es empfiehlt sich aber für Ausländer, mit der Führung eines Prozesses einen kanadischen Rechtsanwalt zu beauftragen, der in der Provinz Ontario und damit bei allen Gerichten der Provinz zugelassen ist. Juristische Personen müssen sich hingegen immer von einem Anwalt vertreten lassen.

2. Pflichtverteidiger

Jeder Angeklagte im Strafprozess hat das Recht auf einen Anwalt. Hierzu kann sich der Angeklagte an den Legal Aid (s. unter 4.) wenden, der ein Certificate ausstellt, mit dem man sich an einen frei zu wählenden Rechtsanwalt wenden kann. In wenigen, sehr seltenen Fällen wird dem Angeklagten zwingend auch gegen seinen Willen ein Pflichtverteidiger durch das Gericht zugeordnet; dies erfolgt unabhängig davon, ob es sich um eine hier ansässige Person handelt oder nicht. Dies geschieht zwingend bei juristischen Personen und bei Personen, die nicht in der Lage sind, selbständig vor Gericht aufzutreten, sei es aus körperlichen Gründen oder aber weil sie wegen psychischer Leiden ihre Rechtsverteidigung nicht selber wahrnehmen können. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers durch das Gericht stellt aber eine seltene Ausnahme dar.

Weiterhin ist es nicht ohne richterliche Genehmigung gestattet, dass ein Angeklagter einen Minderjährigen ins Kreuzverhör nimmt. Wird diese Genehmigung durch den Richter verweigert, so soll dieser einen Pflichtverteidiger bestellen. Diese Vorschrift dient vorwiegend dem Minderjährigenschutz. Auch gibt es Fälle, bei denen eine solche Bestellung im Ermessen des Gerichts liegt, z.B. dann, wenn es im Interesse des Gerichts ist oder bei jugendlichen Straftätern. Im übrigen erfolgt eine Verteidigerbestellung nur freiwillig. Zudem hat jeder Angeklagte das Recht auf einen Dolmetscher, der frei vom Gericht gestellt wird.

Schließlich gibt es einen Duty Counsel, eine Art Anwaltsnotdienst, der bei einem bestimmten Gericht solche Personen vertritt, die in Straf- oder Familiensachen ohne Anwalt zu einem Gerichtstermin erscheinen, weil sie sich keinen eigenen Anwalt leisten können. Diese Anwälte helfen und beraten die Beschuldigten in Strafverfahren z.B. bei den Schlussanträgen, bei Anträgen auf Aussetzung der Untersuchungshaft und auf Vertagung sowie die Parteien in Familiensachen z.B. bei der Vorbereitung der erforderlichen Dokumente und vertreten sie bei manchen Klageverfahren, Anhörungen und Güteverhandlungen. Der Betroffene muss darlegen, dass er nicht in der Lage ist einen eigenen Anwalt zu bezahlen.

Eine Datenbank mit verschiedenen Strafverteidigern ist im Internet zu finden unter http://www.criminallawyers.ca

3. Gebührenregelung und Kosten

  • Gerichtskosten
    Wenn der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Provinz Ontario hat, wird in der Regel eine Sicherheitsleistung verlangt, deren Höhe jeweils vom Gericht bestimmt wird. Bis zur Zahlung der Sicherheit ruht das Verfahren. Im Gegensatz zur Regelung des § 91 ZPO, nach dem die unterliegende Partei zur Tragung der beiderseitigen Anwaltskosten und der Gerichtskosten verurteilt wird, haben die Gerichte in Ontario in der Kostenentscheidung einen weiteren Spielraum.
  • Anwaltskosten
    Die Anwaltsgebühren werden in der Provinz Ontario nach Stundensätzen berechnet. Die Höhe des jeweiligen Stundensatzes ist individuell festgelegt und hängt von der Qualifikation des jeweiligen Sachbearbeiters ab. Noch nicht so erfahrene Sachbearbeiter erhalten niedrigere Stundensätze. Grundsätzlich bewegen sich die Stundensätze zwischen 200 und mehr als 400 Can$. Über die einzelnen Arbeitsstunden und die für den Mandanten verrichteten Tätigkeiten wird eine detaillierte Abrechnung erteilt. Die Zahlung eines Kostenvorschusses ist die Regel.

4. Prozesskostenhilfe

In Ontario und Manitoba wird unter bestimmten Voraussetzungen eine Art Prozesskostenhilfe (legal aid) gewährt. Diese kann beim Legal Aid Office beantragt werden. Dieses ist unter der jeweiligen folgenden Anschrift zu erreichen:

Legal Aid Ontario
375 University Avenue, Suite 404
Toronto, Ontario
M5G 2G1

Tel: 416 979 1446
Gebührenfrei:
1 800 668 8258
Fax: 416 979 8669

info@lao.on.cawww.legalaid.on.ca

Legal Aid Manitoba
402-294 Portage Avenue
Winnipeg, Manitoba
R3C 0B9

Tel: 204 985 8500
Gebührenfrei:
1 800 261 2960
Fax: 204 944 8582

info@legalaid.mb.cawww.legalaid.mb.ca

Legal Aid bietet rechtliche Beratung und Vertretung vor Gericht. Sie wird nicht nur in Ontario ansässigen Personen (residents) sondern auch anderen Personen gewährt (non-residents). Als nonresidents bezeichnet man Personen, die weniger als 1 Jahr in Kanada leben oder ein Besuchsvisum haben. Prozesskostenhilfe wird „non-residents“ - verallgemeinernd - grundsätzlich für folgende Verfahren gewährt:

  • zivilrechtliche Streitigkeiten einschließlich Familienrecht
    NICHT aber für Insolvenz, Schulden, Diskriminierung, Belästigungen, Grundstückrecht, Wirtschats- und Handelsrecht, Adoptionen und in Manitoba bei bestimmten zivilrechtlichen Streitigkeiten
  • Strafrecht (Verbrechen, Straftaten mit Gefängnisstrafe)
  • Einbürgerungs- und Flüchtlingsangelegenheiten

Prozesskostenhilfe wird nach Prüfung und Genehmigung des Antrages gewährt. Dabei werden die Hauptgesichtspunkte des Falles und die Fähigkeit eines non-residents, die angefallenen Gebühren zu erstatten, geprüft. Wird ein Antrag abgelehnt, so besteht die Möglichkeit hiergegen einen Rechtsbehelf („appeal“) einzulegen jedoch nur für residents, also Personen mit ständigem Wohnsitz in der jeweiligen Provinz. Die jeweiligen Informationsbroschüren der Provinzen (s.o.a. Webseiten) geben über die Einzelheiten Auskunft und benennen die örtlichen Legal Aid-Auskunftsstellen.

5. Rechtsverfolgung und -beratung durch sonstige Institutionen

Der Lawyer Referral Service, der auch „non-residents“ (Def. s.o.) offen steht, gewährt bis zu einer halben Stunde freie telefonische Rechtsberatung. Bei Anfragen ist folgende Telefonnummer zu wählen: 1-900-565-4577.

Der Anruf kostet 6 Can$. Dort muss man seinen Namen und die Telefonnummer innerhalb Ontarios nennen, unter der man erreichbar ist. Die dargelegte Anfrage wird dann innerhalb von 3 Tagen beantwortet. Kann man keine Telefonnummer angeben, unter der man erreichbar ist, hält die Rechtsberatung eine Liste mit 3 Anwälten bereit, die aufgesucht werden können. Allerdings sind diese nicht dazu verpflichtet, gebührenfrei zu beraten.

Für Inhaftierte, Personen unter 18 Jahren sowie in besonderen Krisensituationen, wie z.B. bei häuslicher Gewalt, gibt es die Möglichkeit eines gebührenfreien Anrufes, und zwar unter der Telefonnummer der Law Society of Upper Canada (www.lsuc.on.ca): 416-947-3300 oder 1-800-268-8326.

Hiesige Inkassobüros können mit der Einziehung von Forderungen beauftragt werden. Diese Institute nehmen in der Regel ein Erfolgshonorar von ca. 35 %. Dieses Honorar fällt nur für die Summen an, die auch tatsächlich eingetrieben worden sind. Im übrigen werden keine weiteren Kosten erhoben. Dies sind die üblichen Bedingungen der Inkassobüros in Kanada.

Die Deutsch-Kanadische Industrie- und Handelskammer befasst sich dagegen nicht mehr mit der Einziehung von Forderungen.

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